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Programmiersprache: Java (, Pascal)
Gerade ist mir an der MPL noch etwas aufgefallen.
Die MPL definiert einen allgemeinen Haftungsausschluss. Das ist für Deutschland so nicht gültig. Mit einer unangenehmen Folge:
Wikipedia hat geschrieben:
Im deutschen Recht kann grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz nicht von einer Haftung ausgeschlossen werden. Gemäß § 276 BGB muss der jeweilige Autor eine zulässige mindere Haftung rechtswirksam vereinbaren, und gemäß § 276 Abs. 3 BGB kann die Haftung wegen Vorsatz nicht im Voraus erlassen werden. Der Haftungsausschluss ist dadurch vollständig unwirksam. Somit ist auch einfache Fahrlässigkeit nicht von der Haftung ausgeschlossen.
Gibt es dazu irgendwo Informationen? Wie muss man die MPL ergänzen/anpassen damit man nicht bei einfachen Programmierfehlern angezeigt werden kann?
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Naja... wenn du z.B. einfache Fahrlässigkeit nicht expliziet ausschließt, kann dir jemand bei Programmierfehlern einen Strick draus drehen - wenn er das will.
Die komplizierten Texte sind dazu da, möglichst viel Schutz zu erzeugen. Einfache Texte erzeugen halt weniger Schutz. Ums mal volkstümlich auszudrücken.
Wir bzw. jeder der Software zur Verfügung stellt, muss sich eigentlich darüber im klaren sein, dass er für seine Software auch haftbar gemacht werden kann.
Wenn irgendein Depp deinen Code nimmt und ringsrum eine Kernkraftwerk baut, dann könntest du haftbar gemacht werden, wenn dein Code einen Fehler verursacht.
Moment... nur wenn du den Code unter einer schlechten lizenz gestellt hast. Wenn du ihn unter gar keiner Lizenz stellst, steht er unter dem Copyright. Dann darf ihn niemand kommerziell nutzen. Allerdings darf ihn auch niemand ändern, darauf aufbauen und weitergeben gleich gar nicht.
Keine Lizenz bedeutet, soweit ich weiß, All Rights Reserved. Und das ist dann definitiv nicht mehr FOSS.
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Kennt jemand von euch einen Anwalt bei dem ihr euch privat mal beraten lassen könnt bezüglich OSS Lizenzen und Gewährleistung?
Ich komme bei dem Thema nicht richtig weiter...
MPL im deutschen Recht ist scheinbar noch nie ein Thema gewesen...
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Hm, der einzige Anwalt, den ich über ein paar eckchen kenne, beschäftigt sich leider nicht mit sowas.
Gruß Lord Horazont
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„Give a man a fish, and you feed him for a day. Teach a man to fish and you feed him for a lifetime. “ ~ A Chinese Proverb
Dort wird der auch von Dir angeführte §276 zitiert. Ich würde Dir empfehlen, mal nachzusehen, ob Dein Vorhaben so gestaltet ist, dass Du dann unter den Begriff "Schuldner" fällst. Es ist für die Haftbarkeit auch ein Unterschied, ob Entgeltlichkeit vorliegt oder nicht.
Was für ein "Schuldverhältnis" vorliegt, ist immer im jeweiligen Kontext zu bestimmen. Daraus leitet sich ab, was für Rechtsfolgen es gibt, wenn ein Schaden entsteht.
Im Internet wirst Du diesbezüglich kaum etwas finden, denn derjenige, der Dir darüber Auskunft gibt, geht selber ein Rechts-Risiko ein. Möglicherweise gibt die einschlägige Fachliteratur bzw. Judikatur mehr Aufschluß. Restzweifel gänzlich ausräumen können aber auch keine rechtskundigen Bücher. Die meiste Rechtssicherheit schaffst Du, wenn Du Deine Klientel rechtzeitig und gründlich darüber aufklärst, was sie von Dir zu erwarten haben. Denn darauf bezieht sich wohl die Formulierung des § 276 BGB, die da lautet: "...wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses (....) zu entnehmen ist."
Traude
Wird die Software über das Internet heruntergeladen, kommen vor allem die Vertragstypen Auftrag gem. § 662 BGB und Schenkung gem. § 516 BGB in Betracht. Die Unterscheidung ist deswegen von Bedeutung, weil bei einer Schenkung Haftung und Gewährleistung gem. §§ 521, 524 BGB stark beschränkt sind, während der Beauftragte nach § 276 BGB haftet.
Die Abgrenzung der beiden Vertragstypen richtet sich danach, ob eine bloß unentgeltliche Tätigkeit vorliegt - dann Auftrag - oder eine Zuwendung, durch die zu einer Vermögensminderung verpflichtet wird - dann Schenkung
Allerdings scheint der Artikel etwas älter zu sein. Man müsste verifizieren, ob das immer noch geltende Rechtsmeinung (bzw. geltendes Recht) ist.
In der Praxis wird es wohl so sein, dass nach beiden Varianten die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt sein wird. Bei der Schenkung ist das gesetzmäßig so und bei der Auftragsvariante kommt das Gleiche heraus, wenn man ordnungsgemäß kundtut, dass die Software für den professionellen Einsatz nicht geeignet ist sondern lediglich zur Demonstration bestimmter Techniken dienen soll. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften sollte als Missbrauch gelten und das sollte auch klar im Text ersichtlich sein. Ein Zusatz, dass Fehler nicht auszuschließen sind, kann auch nicht schaden.
Damit wird klar gemacht, dass jemand, der eine solchen Code als Basis für eine kommerzielle Software heranzieht, damit Missbrauch treibt und daher auch keine Forderungen an Dich stellen kann. Allerdings bleibt die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Ein Programm, das Viren enthält oder nachweislich einen Hardwareschaden verursacht zieht immer eine Haftung nach sich.
Traude
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Naja... auch wenn das weit hergeholt ist, ich will ja gerade mit der MPL erreichen, dass mein Code nicht nur als Spielzeug angesehen wird. Er kann ruhig auch kommerziell eingesetzt werden. Ist mir recht. Solange man meinen Namen nennt und mir keine Gewährleistung&Haftung aufdrückt.
Es gibt viele Coder die sich die kommerzielle Verwendung zumindest theoretisch offen halten wollen. Die würden durch eine Formulierung wie bei dir direkt verschreckt. Denkst du nicht?
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Das kommt auf die Funktionalität Deines Codes an.
Du verlangst Dinge, die heutzutage fast unmöglich geworden sind. Es gibt kein Vertrauen im Internet. Die Leute, denen Du etwas zur Verfügung stellen willst, kennst Du gar nicht. Und manche davon wirst Du gar nicht kennen lernen wollen. Man kann niemals ausschließen, dass man einem A....., naja Du weißt schon was begegnet. Und dann wärest Du ungeschützt, jedenfalls in Deiner Vermögenssphäre. Aus diesem Grund musst Du Dich leider rechtlich absichern.
Wenn das Internet eine nette Zone wäre, wäre alles viel besser. Zum Beispiel könnten wir alle viel leichter Informationen austauschen und könnten uns dieses mühsame Zeug mit den Virenscannern & Co sparen (das ist eine Sparte, da ist viel Geld zu holen - böse Zungen behaupten McAfee heißt in Wirklichkeit "Make A Fee"). Und im rechtlichen Bereich ist das ganz genau so, nicht umsonst gibt es einen unheimlich aufgeblähten juristischen Bereich in fast jedem normalen Staat, obwohl diese Leute überhaupt nichts Nützliches produzieren, sie schlichten bloß Streitigkeiten, manchmal auf eine recht teure Art und Weise.
Und noch etwas, was hier noch niemand angesprochen hat: wenn Du eine feste Anstelllung als Programmierer hast, muss - zumindest hier bei uns in Österreich - zuerst mit dem Dienstgeber abgeklärt werden, ob dieser nicht Anspruch auf diesen Code erhebt. Sollte es sich um Code handeln, der direkt mit Deinem Job in Zusammenhang steht, gilt hier bei uns die Vermutung, dass der Dienstgeber die Rechte am Quellcode hat. Das ist eine arbeitsrechtliche Regelung.
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Das mit dem Arbeitgeber ist mir bekannt. Glücklicherweise sind die Tätigkeiten soweit auseinander, dass da nix kollidiert. Alles was hübsch aussieht ist per Definition nicht im Skope meines Unternehmens. (Damit meine ich Grafikanwendungen. Außerdem stammen viele Projekte aus einer Zeit, bevor ich bei meinem Arbeitgeber angefangen habe.)
Zitat:
Man kann niemals ausschließen, dass man einem A....., naja Du weißt schon was begegnet. Und dann wärest Du ungeschützt, jedenfalls in Deiner Vermögenssphäre. Aus diesem Grund musst Du Dich leider rechtlich absichern.
Genau das ist der Grund wieso ich hier mit dem Thema Lizenzen überhaupt angefangen habe. Ich glaube bei DGL haben sich bestenfalls 5% der Leute überhaupt mal Gedanken zu dem Thema gemacht. Die Rennen quasi nackt durchs Internet und es ist nur eine Frage der Zeit bis sie ein Bösewicht ins Gebüsch zieht... Ich spreche in Metaphern - ich weiß.
Ich will eine Lizenz haben, welche das hier ermöglicht:
Zitat:
Er kann ruhig auch kommerziell eingesetzt werden. Ist mir recht. Solange man meinen Namen nennt und mir keine Gewährleistung&Haftung aufdrückt
Die MPL (und deren Abkömmlinge wie die CDDL) ermöglicht das für den US-Rechtsraum. Für Deutschland (und soweit ich das sehe auch für Österreich) gibt es sowas leider bisher nicht.
(Ich denke, da die Rechtsräume in DE und AT recht ähnlich sind, wäre eine deutsche Lizenz auf für AT kompatibel.)
Mein Ziel war mit der DGL Betalizenz so eine Lizenz zu erstellen. Die kann ruhig auch von anderen Gruppen (nicht DGL) benutzt werden. Aber bevor wir soweit sind, müssen wir erstmal eine solche Lizenz haben.
Dr. Klostermann, einer der wenigen Rechtsanwälte die sich in meiner Region mit dem Thema beschäftigt, hat mir schon angeboten eine Lizenz zu verfassen. Nur glaube ich, dass ich wenn ich den Preis dafür erfahren meine Gesundheit riskiere.
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Registriert: Di Okt 03, 2006 14:07 Beiträge: 1277 Wohnort: Wien
Zitat:
Nur glaube ich, dass ich wenn ich den Preis dafür erfahren meine Gesundheit riskiere.
Na klar: es werden Dir die Ohren abfallen.
Zitat:
Ich will eine Lizenz haben, welche das hier ermöglicht:
Zitat:
Er kann ruhig auch kommerziell eingesetzt werden. Ist mir recht. Solange man meinen Namen nennt und mir keine Gewährleistung&Haftung aufdrückt
Also ich habe jetzt eine kleine Odyssee durch das Internet hinter mir und es sieht so aus, also ob die Juristen sich über Folgendes einig wären:
Bei Open Source Software die kostenlos zum Download angeboten wird, gilt jedenfalls:
*** Haftung ist beschränkt auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (hier muss man zahlen!)
*** Gewährleistungspflicht besteht nur für arglistig verschwiegene Fehler (hier muss man "nachbessern")
Was soviel bedeutet wie: das ist unvermeidbar, und es ist ziemlich egal, was Du in Deine Lizenz bezüglich Haftung und Gewährleistung hineinschreibst. Auch gefinkelte Formulierungen helfen da nichts: die gesetzliche Regelung lässt sich nicht durch eine einfache Lizenz aushebeln.
Alle Angaben ohne Gewähr.
EDIT: Entschuldigung, ich hab Dir was unterschlagen. Ich habe im Web gesucht mit den Stichwörtern: OSS, ifross, Haftung, Gewährleistung, Entgeltlichkeit
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Naja... das wäre ja schon was. Wenn nur Arglist, grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz geahndet wird, dann wäre das Maximum erreicht.
Ich weiß, dass weniger nicht möglich ist. Meine Vermutung ging nur dahin, dass durch die ungültige Formulierung der MPL hier das BGB dem Author mehr Haftung aufdrückt als die oben aufgeführte. (einfache Fahrlässigkeit, was auch immer das ist.*)
*
Wikipedia hat geschrieben:
Das Zivilrecht unterscheidet zwei Arten der Fahrlässigkeit. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die erforderliche Sorgfalt im besonderen Maße nicht beachtet wurde. Die einfache Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet werden konnte bzw. nicht mit absichtlicher Unachtsamkeit beachtet wurde. Eine grobe Sorgfaltspflichtverletzung wird angenommen, wenn die Anforderungen an die Sorgfalt jedem anderen in der Situation des Betroffenen ohne weiteres aufgefallen wären.
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V. Inhalt der GNU General Public License 7. Haftung
Abschnitt 11 der GPL schließt jegliche Gewährleistung für das Programm ”soweit gesetzlich zulässig” aus, ”da die Software kostenlos zur Verfügung gestellt worden ist.” Findet hingegen deutsches Recht Anwendung, so halten die Bestimmungen einer AGB-rechtlichen Kontrolle nicht stand. Die Haftung darf nach den §§ 309 ff. BGB allenfalls für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden. Auch ein kompletter Ausschluss der Gewährleistungsrechte ist nicht zulässig, da die Software i.d.R einer neu hergestellten Sache gleichsteht. Nachdem auch eine geltungserhaltende Reduktion der Klauseln auf das gesetzlich zulässige Maß unzulässig ist, hätte dies eine komplette Nichtigkeit der Haftungs- und Gewährleistungsausschlüsse der GPL zur Folge. Daran ändert auch die in der GPL V3 (siehe unten) verwendete salvatorische Klausel („soweit gesetzlich zulässig”) nichts, da sie einen Verstoß gegen das gesetzliche Transparenzgebot bedeutet. "Dem Nutzer muss allein aufgrund des Lizenztextes bewusst sein, welche Rechte ihm bei einer Beschränkung der Haftung und Gewährleistung verleiben." Die Einholung von Rechtsrat zur Bestimmung des „gesetzlich Zulässigen” wird dem Nutzer von der Rechtsprechung nicht zugemutet.
Es lohnt sich, einen Blick auf diese Website zu riskieren, ist recht klar formuliert.
Kurz ausgedrückt: Der völlige Haftungsausschluss mit dem saloppen Zusatz „soweit gesetzlich zulässig” ist dem rechtskundigen Kommentator dort zuwenig, denn der hilflose Rechtsunterworfene hat keine Ahnung, welche Rechte er jetzt hat. Es wird dort ausdrücklich verlangt, dass genau beschrieben wird, welche Rechte der Nutzer geltend machen darf. Es soll eine positive Formulierung sein, etwa so: der Urheber der Software haftet nur für .... nach § XY Gesetzbuch Blabla und gewährleistet nur .....).
Also in Wirklichkeit das, was wir oben schon hatten, nur jetzt von einer deutschen Anwältin bestätigt. Zufrieden?
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